„Hör mal zu“ mit Prof. Julia von Blumenthal

Interessantes und Wissenswertes über die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) aus erster Hand im Gespräch mit ihrer Präsidentin.

Im dritten Anlauf hat es nun endlich geklappt: Viadrina-Präsidentin Julia von Blumenthal war zu Gast im Scharwenka Kulturforum und Leiterin Gerlinde Stobrawa konnte sie im Rahmen der Reihe „Hör mal zu“ eine gute Stunde ausfragen. Der „ehrenamtliche Klavierspieler“ des Hauses und immer zu Scherzen aufgelegte Friedemann Mewes hatte zuvor mit einer beschwingten Tarantella von Xaver Scharwenka die beiden Damen „auf Betriebstemperatur gebracht“ und ihnen danach „die Chance gegeben, sich auszusprechen“. Natürlich musste zuerst die Beziehung der Uni-Professorin zu ihrem Urahnen Georg von Blumenthal geklärt werden, der vor gut 500 Jahren als damaliger Domdekan des Bitums Lebus Rektor der Universität in Frankfurt war. Erst über das Googeln im Internet hatte die jetzige Präsidentin vor ihrem Amtsantritt im Jahr 2018 von der familiären Verbindung erfahren, auf die sie offensichtlich nicht so großen Wert legt. „Ich glaube, es hätte ihm, einem Katholiken, nicht gefallen, dass eine Protestantin und dazu noch eine Frau auf diesem Stuhl sitzt.“

Und diese Frau hat viele neue Ideen und Visionen, die in einem Struktur- und Entwicklungskonzept festgehalten sind. Der Gedanke, Europa als Friedensprojekt zu begreifen, sei für die jüngere Generation heute ganz selbstverständlich. Ihr gehe es viel mehr um die Lösung gemeinsamer Fragen, wie zum Beispiel den Stopp des Klimawandels oder der Überwindung Demokratie feindlicher Einstellungen, sagte Julia von Blumenthal. Allerdings bedauert auch sie, dass die Zahl der Studierenden abseits der Metropolen zurückgeht. Aus dem Nachbarland Polen kämen nur noch sechs Prozent der Studenten, derzeit bildeten die ukrainischen und russischen Studenten die größte ausländische Gruppe. Auch wenn es viele gute Projekte gebe, die Zusammenarbeit mit der Stadt nie besser war, müsse die Universität nach 30 Jahren „ein paar Hausaufgaben machen“ und überlegen, ob der ursprüngliche Schwerpunkt Europa noch ausreiche, um für Studenten aus aller Welt attraktiv zu bleiben.

Seit zwei Jahren hat die Universität an der Oder auch mit den Herausforderungen der Pandemie zu kämpfen. Dabei steht für die Präsidentin schon fest: Auch wenn das digitale Studium nicht mehr wegzudenken ist, wird das Lernen und Diskutieren in Gruppen bleiben, „denn die Studenten sehnen sich nach Gemeinsamkeit.“ Nach ihren Träumen gefragt, steht für Die Uni-Chefin das geplante Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit ganz oben. „Es gibt keinen besseren Standort dafür als Frankfurt (Oder)“, findet die 49-Jährige, die mit regelmäßigem Joggen Körper und Geist fit hält. „Ich hoffe, dass die Bundesregierung und der Bundestag im ersten Halbjahr 2022 eine positive Entscheidung fällen.“

Der „ehrenamtliche Klavierspieler“ Friedemann Mewes stimmt Uni-Professorin Julia von Blumenthal und Gerlinde Stobrawa (M.), Leiterin des Scharwenka Kulturforums, auf das Gespräch ein.

 

Plaudern vor interessiertem Publikum: Gerlinde Stobrawa (r.), Leiterin des Scharwenka Kulturforums, und Julia von Blumenthal, Präsidentin der Viadrina Frankfurt (Oder)