Von Verführung bis Zank – der Apfel spielt fast immer eine Hauptrolle

Ein literarisch-musikalisches Programm über des Deutschen liebstes Obst
Angela Maria Stoll sorgte mit der Intonation klassischer Melodien für besondere Klangerlebnisse zwischen dem Gelesenen
Mit erhobenem Zeigefinger: Simon Weinert illustriert nur eine Textpassage
Zur Erinnerung: Vereinsmitglied Angelika Gruhn überreicht jedem Gast ein Büchlein über das Wirken Xaver Scharwenkas
Passend zum Thema: Sylvia Bergler, Bärbel Kallwitz und Annett Böck hatten unterschiedliche leckere Apfelkuchen gebacken, die bei den Besuchern viel Anerkennung fanden.
Gerlinde Stobrawa, amtierende Vereinsvorsitzende, hieß die Künstler willkommen.
Antje Schneiders fragendem Blick folgt der nächste wissenswerte Fakt über des Deutschen bevorzugtes Obst, den Apfel.

Was gibt es denn über den Apfel schon Neues zu erfahren? Das mögen sich wohl diejenigen gefragt haben, die der jüngsten Veranstaltung im Scharwenka Kulturforum fernblieben. Jene allerdings, die gekommen waren, merkten ganz schnell: eine ganze Menge! Und wenn das noch so unterhaltsam daher kommt, wie das Trio Antje Schneider und Simon Weinert als die für den literarischen Teil Verantwortlichen und Angela Maria Stoll mit ihrem Vortrag klassischer Stücke am Klavier zelebrieren, ist das ein empfehlenswertes Ereignis schlechthin.

Seit einigen Jahren schon gastieren die Drei mit literarisch-musikalischen Programmen zu den verschiedensten Themen in Deutschland und der Schweiz. Insgesamt sind es 60, die Antje Schneider mit ihrem Mann Prof. Martin Schneider erarbeitet hat. „Jedes Programm führen wir mit großer Leidenschaft auf. Wir stellen jedoch fest, dass das `Den schönsten Apfel brach ich…‘ auf besonders großes Interesse stößt“, sagt Antje Schneider. Eigentlich ist das kein Wunder, ist  der Apfel doch das Obst, das die Deutschen am liebsten essen, um die 25 Kilogramm pro Mund und Jahr.

Doch das Programm der Drei geht weit hinaus über solche Statistiken. In der Geschichtsschreibung lassen sich zahlreiche Hinweise auf die Rolle des Apfels – angefangen im Paradies – aufspüren. Schneidet man einen Apfel auf, erkennt man seinen fünfgliedrigen Aufbau nach einem Pentagramm. Das, so wird vermutet, könnte den Ausschlag für seine kultische Bedeutung gegeben haben. In den unterschiedlichen Kulturkreisen werden ihm magische Kräfte zugeschrieben. Mitunter so kuriose wie in Kirgisien, wo sich kinderlose Frauen unter einem Apfelbaum wälzen sollen, dann würde ihr Kinderwunsch in Erfüllung gehen. Einem orientalischen Märchen zufolge sollen junge Frauen einen Apfel schälen und aus der langen Schale solle sich ein Ornament bilden, das den Anfangsbuchstaben ihres Auserwählten verrät. Oder die Mär von einem Knaben, der immerzu schrie und davon geheilt wurde, weil man seine Windeln unter einem Apfelbaum vergrub.

Als die Urheimat des Apfels gilt Kasachstan. Der Name der Stadt Alma Ata hieße übersetzt auch Vater des Apfels. Ganz gewiss nah an der Realität ist der im Englischen gängige Spruch „An apple a day keeps the doctor away“, was ja soviel heißt, dass jeden Tag einen Apfel zu verspeisen bedeute, dass man sich den Doktor vom Hals hält. Kein Wunder, denn der Apfel mit seinen über 300 wertvollen Inhaltsstoffen wirkt wie ein Gesundbrunnen.

Dass der Apfel sich weltweit großer Beliebtheit erfreut, beweist auch die Tatsache, dass Einwanderer, die sich in Amerika eine neue Existenz aufbauen wollten, in einigen Bundesstaaten, wie zum Beispiel Ohio seinerzeit die Verpflichtung hatten, in drei Jahren 50 Apfel- oder Birnenbäume zu pflanzen.

Schließlich erfuhr die Zuhörerschar zwischen vielen anderen neuen Erkenntnissen – immer wieder eingebettet in solche Klavierstücke von Jaques Offenbach „Die schöne Helena“ – im Zusammenhang mit der Story um die Göttinnen Hera, Helena und Aphrodite, dem Jüngling Paris und dem letztendlich  trojanischen Krieg – , und Werken von Robert Schumann, Wolfgang Amadeus Mozart oder Peter Tschaikowsky auch von einem tragischen Hintergrund rund um den Apfel: Der Pfarrer Korbinian Aigner aus dem bayrischen Hohenbercha war ein Gegner der Nationalsozialisten, wurde wegen seiner auch in den Predigten vertretenen Ansichten in das KZ Dachau gebracht. Dort gelang es ihm zwischen den Baracken aus Apfelkernen Bäumchen und neue Sorten zu ziehen. Er benannte sie als KZ 1,  KZ 2, KZ 3 und KZ 4. Die Sorte KZ 3 gelang ihm am besten. Sie wurde nach dem Krieg auch verkauft, aber da kaum jemand einen Apfel mit diesem Sortennamen wollte, benannte man die Apfelsorte nach seinem Züchter Korbinian um, die sich in der Gegend weiter großen Zuspruchs erfreut. Und man setzte dem Züchter ein schönes Denkmal.

Vielleicht verpasst dieser aufschlussreiche Nachmittag auch einer Idee einen besonderen Schub, die im Scharwenka-Verein geboren wurde, im 100. Jahr des Bestehens von Bad Saarow 100 neue langlebige Bäume zu pflanzen, die über eine große Spendenaktion finanziert werden sollen. Und vielleicht ist auch der eine oder andere Apfelbaum darunter…