Freundlich, klug, redegewandt, voller Ideen und gar nicht abgehoben – so erlebten die Gäste „Zur Kaffeezeit“ Carmen Bier. Die 32-Jährige machte vor drei Jahren Schlagzeilen, als es hieß: „29-Jährige übernimmt Geschäftsführung im Helios-Klinikum“. Beim Talk mit Vera Jaspers, die als Moderatorin im Scharwenka-Haus ihre Premiere hatte, bekannte Carmen Bier: „Bad Saarow war mein Wunschstandort.“ Da sie aus Templin stammt, wo man auch Angela Merkel hin und wieder begegnen könne, war ihr das Saarower Krankenhaus und seine langjährige Geschichte nicht unbekannt. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre – sie wollte nicht wie ein Großteil der Familie in die Medizin – und einem Praktikum bei Helios in Bad Saarow stellte sie dann doch fest: „Krankenhaus, das ist doch was für mich, aber nur von der Verwaltungsseite.“ Sie nutzte das Angebot, mehrere Stationen im Helios-Konzern in ganz Deutschland zu durchlaufen, lernte in Rottweil die Schwaben zu verstehen und erweiterte in einem 800-Betten-Haus in Duisburg ihre „interkulturelle Kompetenz“. In Northeim (Niedersachsen) half sie als Assistentin der Geschäftsführung mit beim Umzug von Personal und Patienten in ein komplett neues Krankenhaus. Zurück nach Berlin, war es bis Bad Saarow nicht mehr weit. Natürlich sei sie sie am Anfang sehr oft auf ihr Alter angesprochen worden: „Mensch, Sie sind ja noch so jung.“ Dass sie als Frau in eine Führungsposition gekommen war, habe offenbar keinen verwundert. „Bei Helios haben wir 36 Prozent Frauen in der Klinikleitung. Das ist mehr als in anderen Konzernen.“ Dennoch habe sie lernen müssen, sich nicht verunsichern zu lassen, ihre Meinung auch durchzusetzen, wenn sie diese für richtig hielt.
Neben den alltäglichen Aufgaben gehe es in einem Haus mit 1300 Mitarbeitern und 630 Betten auch darum, die Klinik strategisch weiterzuentwickeln. Dabei sprach Carmen Bier über ein Vorhaben, das in der Öffentlichkeit noch nicht bekannt ist: Das Helios Klinikum baut einen Bildungscampus auf, in dem Pflegekräfte und operationstechnische Assistenten ausgebildet werden sollen. „Die Vorbereitungen sind im Gange, die Antragstellung beim Land läuft. Wir werden wahrscheinlich am 1. April nächsten Jahres eröffnen.“ Bisher wurden diese Berufe an der „Akademie für Gesundheit“ in Berlin ausgebildet.
Moderatorin Vera Jaspers, aber auch die Zuschauer hatte viele Fragen: Hat das Krankenhaus genügend Personal? Wie steht es um die Patientenzufriedenheit? Carmen Bier räumte ein, dass Corona auch das Personal sehr belastet habe, viele ältere Kollegen hätten den Wunsch, weniger Stunden zu arbeiten, auch die Krankheitsquoten seien gestiegen. Im Bereich Pflege sei ihr Haus gut aufgestellt, bei den Fachärzten sei die Situation unterschiedlich. Zum Thema Patientenzufriedenheit sagte die Geschäftsführerin. „Bei uns arbeiten Menschen. Und die machen auch Fehler und sind beeinflusst durch Stress und anderes.“ Zwei Mediziner im Ruhestand seien Patientensprecher, es gebe ein Beschwerdemanagement. „Bei den Beschwerden reicht die Palette vom fehlenden Sonnenrollo bis zur langen Wartezeit in der Rettungsstelle.“ Ein großes Thema sei das Essen. Dass die Portionen nicht so groß seien, wie es sich manche Patienten wünschen, sei Absicht. Schließlich lägen die meisten Patienten und verbrauchten weniger Kalorien. An den Frühstücks- und Abendbrot-Büffets könne jeder zulangen, wie er möchte. Eine Zuhörerin, die erst unlängst im Krankenhaus war, räumte ein, dass ihr die Mittagsessen-Portionen oft viel zu groß waren, ob man sie nicht kleiner machen könne. „Gute Frage, geht aber leider nicht“, sagte Carmen Bier. Das Essen käme schockgefrostet von der Firma Hoffmann aus Süddeutschland auf speziellen Tellern. Mit der der Einstellung des Sternekochs Hendrik Otto Anfang des Jahres arbeite man weiter daran, den Patienten gesundes Essen aus regionalen Produkten zu bieten.
Nach der Eröffnung einer Geriatrie, der Erweiterung der 24-Stunden-Kita, der Einrichtung von Wohncontainern für Studenten und anderem mehr hat sich Carmen Bier „noch viele Projekte vorgenommen. Ich werde noch eine Weile bleiben.“