Als Helmut Schmidt Leonard Bernstein die Hand küsste

Prof. Reiner Lehbergers tiefsinniges und informatives Buch über die Musikleidenschaft des ehemaligen Bundeskanzlers

Bad Saarow.  Dass dem einstigen Bundeskanzler Helmut Schmidt auch der Name Scharwenka ein Begriff war, wissen vielleicht nicht so viele Menschen. Die Besucher des Treffens mit Prof. Reiner Lehberger aus Hamburg sind nach der musikalischen Lesung des Hanseaten aus seinem Buch „Helmut Schmidt am Klavier“ nicht nur um dieses Wissen reicher.

Professor Reiner Lehberger bei seiner „bebilderten“ Lesung

Bereits 1942 erhielt Helmut Schmidt bei Walter Scharwenka, einem Neffen des in Bad Saarow sehr verehrten und gewürdigten Komponisten Xaver Scharwenka, in Berlin Orgelunterricht. Dieses Instrument begeisterte ihn so sehr, dass er sich, wie ihn Lehberger in seinem Buch zitierte, einen „verhinderten Organisten“ nannte, „der am Klavier seine Zuflucht gefunden hatte.“ An diesem ebenfalls wunderbaren Instrument  brachte er es – neben seinem jahrzehntelangen politischen Engagement  als Mitglied des Bundestages, Bundesminister und schließlich acht Jahre lang als Bundeskanzler – zu beachtlichem Können. Das belegt Lehberger in seinem Buch anhand vieler Zusammenkünfte, Freundschaften und sogar Konzerteinspielungen mit bekannten Künstlern wie Justus Frantz und Christoph Eschenbach anschaulich. Musik, so der Buchautor, war die Konstante in Helmut Schmidts Leben. Selbst in politisch schwierigen Zeiten fand er immer Zeit, sich ans Klavier zu setzen und aus dem Spielen Kraft zu schöpfen. Komponisten, die er dabei besonders bevorzugte, waren Robert Schumann und Johann Sebastian Bach, aber auch George Gershwin. Einen Eindruck vom Repertoire dieser Künstler vermittelte bei dieser abwechslungsreichen Veranstaltung Friedemann Mewes vom Scharwenka-Kulturforum am Klavier. In seiner bekannten humorvollen Art bekannte dieser mit einem Augenzwinkern: „Ich gebe heute hier den Helmut Schmidt, aber nur am Klavier“. Er spielte virtuos „Summertime“  von Gershwin wie auch etwas aus den „Kinderszenen“ von Schumann und dem „Wohltemperierten Klavier“ von Bach sowie als Reminiszenz an Scharwenka eine Tarantella.

Friedemann Mewes: „Ich gebe heute hier den Schmidt – aber nur am Klavier“

Bei seinen umfangreichen Recherchen zu diesem, seinem dritten Buch – über Loki Schmidt, das Ehepaar Schmidt und nun über die Musikleidenschaft Helmut Schmidts – stöberte Lehberger in zahlreichen Archiven, traf sich mit musikalischen Weggefährten des Bundeskanzlers und erhielt seinerzeit auch von Peter Wachalski, dem inzwischen verstorbenen Vorsitzenden der Scharwenka-Stiftung, wichtige Einblicke in das Leben und Werk der Scharwenkas.

Zur Erinnerung: Sylvia Hauer vom Verein des Scharwenka-Kulturforums überreicht Prof. Lehberger eine Flasche Pianobier und die Biografie Xaver Scharwenkas

Die zahlreichen Fotos, die der Hamburger Professor den Besuchern präsentierte, zeigten Helmut Schmidt in den verschiedensten Begegnungen mit Freunden beim Klavierspielen, bei Konzerten und eben auch, als er bei einem Zusammensein mit Leonard Bernstein diesem einen Handkuss andeutete als Ausdruck seiner tiefen  Verehrung für diesen großartigen Komponisten.                                                                       Waltraut Tuchen