Na ja, was gibt es denn schon viel über Yoga zu erzählen? Wer so oberflächlich dachte, wurde in der jüngsten „Kaffeezeit“ eines Besseren belehrt. Allerdings konnte der Gast – Yoga-Lehrerin Susanne Karafiat – bei den Zuhörern im gut gefüllten Scharwenka-Haus schon einige Vorbildung voraussetzen, denn es waren sowohl ehemalige Yoga-Kurs-Teilnehmer aus Frankfurt (Oder) gekommen, als auch einige aus ihrem jetzigen Kurs in Bad Saarow, das seit einigen Jahren ihr Zuhause ist. Dabei erhielten sie viele, auch für gelernte „Yogis“ (obwohl diese Bezeichnung wohl schon ein gehörig Maß an Können voraussetzt) neue Erkenntnisse.
Beeindruckend ist vor allem der Lebensweg von Susanne Karafiat. Mit großer Ehrlichkeit und Offenheit schilderte sie ihre „zwei Leben“, wie sie es nannte. 1951 Geburt in Halle, später Berufsausbildung mit Abitur, Studium der Arbeits- und Ingenieurpsychologie in Berlin, nach dem Studium in die Buna-Werke, wo sie glaubte, gebraucht zu werden, was dann doch nicht ganz so der Fall war. Ernüchternde Ergebnisse von ihr durchgeführter Studien zu der Frage, wie es Absolventen nach ihrem Studium in den Betrieben erging, die meist nur zum Aktenstudium verdonnert wurden, und ihre jahrelange Freude am Gesang, die sie in verschiedenen Singeklubs auslebte. Bei der Entscheidung, ein weiteres Forschungsstudium zu absolvieren oder politische Arbeit in der FDJ zu leisten, entschied sie sich für Letzteres, danach kam die Arbeit in verschiedenen Parteileitungen, mit all den zunehmenden Zweifeln, je weniger Reformbereitschaft der DDR-Oberen zu verspüren war…
Und dann die politische Wende. „Sie stürzte mich in eine schwere Lebenskrise, mit körperlichen und seelischen Konsequenzen.“ Auf die Frage, ob ihr – weil sie es ja darin dann über die Jahre zu einer gewissen Meisterschaft brachte – schließlich Yoga das Leben gerettet habe, von ihr ein eindeutiges „Ja, hat es.“ Doch sie holt weiter aus, und sagt, dass sie sich dank zweier Menschen wieder aufgerappelt hat. „Das ist zuerst Christian Gehlsen, der Pfarrer, der am Runden Tisch in Frankfurt (Oder) saß und das Neue Forum mitgegründet hatte und dann der Sozialdezernent der Stadt wurde. Er hat sich lange mit mir unterhalten, merkte wohl, dass ich eine ehrliche Haut bin. Er bot mir an, ein Gesprächsangebot für Frauen zu schaffen, damit sie mit all dem Neuen, was auf sie zurollte, zurechtkamen. Ich leitete dann das Café Rosa, später bekam ich eine ABM-Stelle im Arbeitslosenzentrum, Umschulungen und aus einer Zusammenarbeit mit der Hochschule Essen eröffnete sich für mich die Möglichkeit für ein Studium der Diplom-Sozialpädagogik.
Die Zuhörer erfuhren auch, wie sie schließlich zum Yoga kam – über die zweite wichtige Person, der sie ihren erfolgreichen Nachwendeweg – neben ihrem eigenen Elan – zu verdanken hat: der Diplompsychologe Theo Fehr, der in Nordrhein Westfalen in der klinischen Psychologie tätig war. „An den wandte ich mich, und er eröffnete mir in einer langen Unterhaltung, was Yoga alles bewirken kann.“ Und wieder qualifizierte sie sich weiter, eröffnete in Frankfurt (Oder) schließlich ein sehr gut besuchtes Yoga-Zentrum, Reisen nach Indien folgten, von wo sie mit einem Rucksack voll neuen Wissens zurückkam. Zudem mit der Aussage, dass man auch neben einer laufenden Kreissäge meditieren können muss oder auf einem indischen Bahnhof. „Und wer jemals in Indien war, weiß was das bedeutet“, sagte sie lachend.
Ilona Genschmar hat noch viele Fakten aus der ruhig und konzentriert erzählenden Yogini hervorgeholt – zum Beispiel, dass sie mit ihrem Mann auch drei erwachsene Kinder und mehrere Enkel hat, dass ihr der Abschied von Frankfurt sehr schwer fiel, sie inzwischen aber glücklich in Bad Saarow ist, dass Yoga jeder lernen kann, dass sie das Hatha-Yoga anbietet und nur solche Übungen, die sie selbst mag und bei denen man sich nicht verrenken muss, dass ihre Familie sie in allem immer unterstützte, bei ihrem missionarischen Eifer aber auch manchmal ein „Nein“ zu hören bekommt. Aber damit könne sie umgehen. Und schließlich auch, dass ihr Yoga nach einem Unfall half, wieder Mut zu fassen. Sie war ausgerutscht und ungewollt in einem Spagat gelandet, wobei es ihr die gesamte Muskelgruppe am Oberschenkel abriss. Nach einer komplizierten Operation im Klinikum in Bad Saarow stand dennoch im Raum, dass sie vielleicht nie wieder richtig würde gehen können. „Aber mit Yoga habe ich es geschafft!“ Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte, von der nur die Anwesenden dieses Nachmittags wissen, wie ihr das gelang.