Entlang eines Dichters

H.D. Schütt liest aus seinem biografischen Essay über Stephan Hermlin, musikalisch begleitet von Andrej Hermlin & einem „Swingin‘ Hermlin“ (surprise!)

„Die Regale der Buchhandlungen zucken bei Hermlin mit den Schultern, kühl, nüchtern: Nichts von ihm ist auf den Märkten gegenwärtig. Aber man stößt überall auf den Namen, wo deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts zur Rede steht. Biografien und Autobiografien, Briefbände und Tagebücher aus der DDR: Er ist über Jahrzehnte hin Bezugsperson. Viele Essaybände und Zeitgeschichtswerke über ostdeutsche Literatur kommen ohne ihn nicht aus.“ Stephan Hermlin (1915–1997) war einer der bedeutendsten Schriftsteller der DDR.

Hans-Dieter Schütt wendet sich in seinem biografischen Essay einem Charakter zu, dessen Leben auf bewegende Weise den Aufschwung wie das Scheitern eines politischen Systems widerspiegelt. Hermlin – Lyriker, Erzähler und Übersetzer – lebte einen Widerspruch: zwischen geistigem Adel und der Bereitschaft zu soldatischer Fügung. Ein linker Aristokrat, der sich mit Selbststilisierung schützte – und angreifbar machte. Der Schriftsteller, der 1976 die folgenreiche Petition gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns initiierte, bewahrte Form, wo die politischen Vergröberungen zunahmen. Als er 1978 auf dem Schriftstellerkongress betonte, ein „spätbürgerlicher Schriftsteller“ zu sein, war dies der rhetorische Höhepunkt einer stetig gewachsenen inneren Entfernung von der eigenen Truppe. Hermlin: ein großer Dichter, von seiner Zeit so erhoben wie versehrt, im einfühlsamen, fragenden Porträt.

Hans-Dieter Schütt, 1948 geboren, ist Journalist. Nach dem Studium der Theaterwissenschaften in Leipzig war er von 1973 bis 1989 Redakteur bzw. Chefredakteur der Tageszeitung Junge Welt und von 1992 bis 2012 Feuilletonredakteur der Tageszeitung neues deutschland. Als Autor, Interviewer und Herausgeber verfasste er zahlreiche Biografien und Gesprächsbücher.

Andrej Hermlin, geboren 1965, Sohn von Stephan Hermlin, entdeckte bereits als Kind seine Liebe zum Swing und erhielt im Alter von 7 Jahren seinen ersten Klavierunterricht. Im Sommer 1987 spielte Hermlin erste Engagements mit der von ihm gegründeten SWING DANCE BAND. Nach dem Fall der Mauer wurde die SWING DANCE BAND Anfang der 90er Jahre schrittweise erweitert und 1995 schließlich in SWING DANCE ORCHESTRA umbenannt.

2002 erfüllte sich für ihn ein Lebenstraum: Bei einer von den Medien begleiteten Tournee seiner Big Band nach New York spielte er im Rainbow Room des Rockefeller Centers, im Hotel Pennsylvania sowie zum Midsummer Night Swing vor dem Lincoln Center. 2004 reiste Andrej Hermlin mit seinem Orchester und der Gesangsgruppe THE SKYLARKS auf Einladung der „Glenn Miller Birthplace Society“ nach Clarinda / Iowa, wo der 100. Geburtstag Glenn Millers mit einem großem internationalen Festival gefeiert wurde. Hierbei kam es zu Begegnungen mit Musikern des originalen Glenn Miller – Orchesters wie Norman Leyden und Paul Tanner. 2005 gastierte Hermlin erstmals beim renommierten Jazzfestival von Ascona / Schweiz.

Gemeinsam mit seiner aus Kenia stammenden Frau Joyce engagierte sich Andrej Hermlin 2007 in der dortigen Demokratiebewegung.

In den vergangenen Jahren gastierte Andrej Hermlin mit seinem Orchester in den angesehensten Konzertsälen Deutschlands und des europäischen Auslands. Dabei stellte das SWING DANCE ORCHESTRA immer wieder neue thematische Konzerte vor, so auch das erste deutsche Swingprogramm unter dem Titel „Schwingende Rhythmen – Swing aus der Friedrichstrasse“.

Seit 2019 sind Andrej Hermlins Kinder Rachel und David Hermlin die alleinigen Solisten des SWING DANCE ORCHESTRA.

Heute begleitet er Herrn Schütt zu den Ausführungen über seinen Vater am Klavier, mit ein bisschen Glück erleben wir auch seine Tochter oder seinen Sohn.

Fotos: Uwe Hauth/Ellen Scherzer

Eintritt 19€, Personen unter 18 Jahren haben freien Eintritt.

Direkt buchen über Reservix