Viele der Anwesenden kennen Björn Engholm aus seiner aktiven Zeit: Als SPD-Vorsitzenden Anfang der 1990er Jahre oder auch als Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins. In seinem Wohnort Lübeck hatte Stobrawa den heute 79-Jährigen kennengelernt und nach Bad Saarow eingeladen.Nun sitzt er auf dem kleinen Podium, nippt an seinem Weinglas und lässt sich über sein Leben ausfragen. Gerlinde Stobrawa schlägt einen weiten Bogen. Von der Kindheit Engholms, über die Lehre als Schriftsetzer weiter zum Studium in Hamburg.
Engholm bleibt Genussmensch
„Ich werde das analoge immer lieben“, sagt er und plädiert in einer zunehmend digitalen Zeit immer wieder fürs Innehalten: „Es geht viel zu oft nur um Wirtschaft und Profit.“ Viele Zuhörer nicken zustimmend. „Dinge, die mit Sensibilität und Ästhetik zu tun haben, werden nicht gefördert. Dieser drohende Verlust macht mir Angst vor der Zukunft“, sagt Engholm. Seine Stationen als SPD-Bundestagsabgeordneter, Minister und Ministerpräsident Schleswig-Holsteins werden angesprochen, unterlegt mit so mancher Anekdote über frühere Kollegen wie Helmut Schmidt und Herbert Wehner.
Seinen Abschied aus der Politik im Zusammenhang mit der Barschel-Affäre spart Gerlinde Stobrawa bei ihren Fragen während des knapp zwei Stunden dauernden Gesprächs aus. Von seinem Charisma hat der bekennende Raucher und Genussmensch auch fast ein Vierteljahrhundert später nichts eingebüßt. Am Ende schenkt Gerlinde Stobrawa dem Weinliebhaber eine Flasche Scharwenka-Bier.