Couragiert, emanzipiert, modern – Maria Daelen

Historikerin Maren Richter hat ihr Buch über eine bedeutende Medizinerin vorgestellt
Reinhard Kiesewetter, Vorsitzender des Scharwenka Vereins, dankt der Historikerin Maren Richter und dem Musiker Clemens Weigel
Tanya Berendsen und Susanne Suermundt (v.l.) vom Verein „Film ohne Grenzen“ haben die Veranstaltung mit initiiert. Die beiden Frauen organisieren jährlich das Filmfestival auf dem Eibenhof in Bad Saarow.

 

In Bad Saarow kennt sie kaum jemand. Darüber ist man erstaunt, wenn man die spannende Biografie von Maria Daelen liest. Immerhin verbrachte sie in den 1930/40er Jahren die Sommer in ihrem Landhaus im  Meckerndorfer Weg. Maria Daelen, die Ärztin im Dritten Reich und   später Gesundheitspolitikerin in der noch jungen Bundesrepublik. Alles   in einer Zeit, in der die meisten Frauen noch Heimchen am Herd waren.   Die Historikerin Dr. Maren Richter hat Maria Daelen in ihrem Buch   „Aber ich habe mich nicht entmutigen lassen“ wieder ein Gesicht   gegeben. Am Freitagabend stellte sie es im Scharwenka Kulturforum vor.   Begleitet wurde sie dabei am Cello von Clemens Weigel, der Musik von   Komponisten aus der Lebenszeit von Maria Daelen (1903-1993) spielte.   Im Hintergrund wurden Fotografien der Ärztin an die Wand projiziert,   die sie als gutaussehende, moderne, emanzipierte Frau zeigen. Als   Tochter eines Industriellen in Düsseldorf geboren, wächst sie in einem Elternhaus auf, in dem Kunst und Politik immer eine wichtige Rolle spielen.  Nach dem Abitur entscheidet sich die junge Maria, Ärztin zu werden. Sie möchte auf eigenen Beinen stehen. 1929 legt sie ihr Staatsexamen in Berlin ab, wenige Jahre später promoviert sie. Neben ihrer Arbeit, die ihr einen gewissen Wohlstand garantiert, genießt sie das ausschweifende Leben in Berlin und verkörpert den Typ der „neuen Frau“: selbstbewusst, unabhängig und mit einem offenen Verständnis von Liebe und Sexualität. Wenn sie in ihrem offenen Zweisitzer durch Berlin fährt, schaut man ihr hinterher. Die „neue Frau“ ist schlank, sportlich, oft trägt sie Herrenanzüge und Krawatte, sie raucht. Die spießbürgerliche wilhelminische Zeit ist passé.

Im Oktober 1935 verliebt sie sich in Wilhelm Furtwängler, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, mit dem sie sieben Jahre liiert ist. In dieser Zeit, 1938, kauft sie ein Landhaus in Bad Saarow-Pieskow in der Künstlerkolonie Meckerndorfer Weg. Aus Aufzeichnungen und Briefen ist überliefert, wie sie über die Nazis dachte. So fand sie es „unbeschreiblich, aus einem Parteiabzeichen eine Staatsfahne zu machen“. Sie schützte und versteckte Künstler und „Widerständler des 20.Juli“-  auch in Bad Saarow. Noch zum Ende des Krieges musste sie vor der Gestapo nach Österreich fliehen. In der Bundesrepublik – auch lange Zeit als alleinstehende Frau – arbeitete sie als Medizinerin im Staatsdienst, zuerst in Hessen, dann in der Adenauer-Zeit in  Bonn im Bundesinnen- und Bundesgesundheitsministerium, sie vertrat die BRD im Europarat und in der WHO. Auch hier – inzwischen verheiratet mit Ludwig Strecker – gehörte sie zu den wenigen Frauen, die sich in einer Männerdomäne durchsetzen, was ihr offenbar mit Charme und Klugheit gelang.

Aber wie ist eigentlich die Historikerin Maren Richter auf Maria Daelen aufmerksam geworden? Es sei ein „Zufallsfund“ gewesen, erzählt die Buchautorin im Scharwenka Haus. Das Bundesinnenministerium habe eine Studie in Auftrag gegeben zur NSDAP-Mitgliedschaft von Mitarbeitern im Staatsdienst. Besonders die Gesundheitsabteilung sei sehr belastet gewesen, „Maria Daelen fiel dabei aus dem Rahmen“, sagte die Historikerin. Mit einer Stiftung, die den Namen Pro Musica Viva – Maria-Strecker-Daelen-Stiftung trägt, werden heute noch junge Musiker unterstützt. Die Stiftung, die die Lesung mit Musik im Scharwenka Haus gefördert hat, möchte Maria Daelen auch in Bad Saarow bekannter machen. Ihr Landhaus im Meckerndorfer Weg, das derzeit leer steht, soll Stiftungssitz werden, wurde am Rande der Veranstaltung erzählt.