„Emigratsie“

Jiddische Lieder mit dem Duo MANDOS KAATZ

Jiddische Lieder über Flucht, Vertreibung und Emigration – das waren die Themen des Liederabends am Samstag, dem 12. Oktober 2024 im Scharwenkahaus.

Inge Mandos (Gesang) und Klemens Kaatz (Klavier) brachten uns jiddische Lieder und Balladen osteuropäischer Juden nahe, die vor über hundert Jahren ihre Heimat verlassen mussten; von Krieg, Armut und Pogromen vertrieben. Sie schildern das schwere Los der Vertriebenen, geprägt von Sehnsucht, Hoffnung und Überlebensmut, aber auch von Trauer und dem Mut der Verzweiflung. Inge Mandos führte durch das Programm und übersetzte die Lieder, die sie mit ihrer warmen und facettenreichen Stimme gestaltet. Dabei begleitet sie Klemens Kaatz, erfahrener Arrangeur und Interpret dieser Musik, auf dem Klavier.

Inge Mandos und Klemenz Kaatz aus Hamburg verbindet die Liebe zum Jiddischen Lied .Sie haben sich dieser Musik verschrieben, in der sich die jüdische Geschichte spiegelt. Hunderttausende Juden emigrierten aus Osteuropa über Hamburg und Bremerhaven in die USA und andere Länder. Sie flohen vor bittere Armut, antisemitischen Pogromen, und nationalsozialistischer Verfolgung. Dabei suchten sie eine gesicherte Existenz im „Goldenen Land“ Amerika und ein Leben ohne Unterdrückung. Falls sie überhaupt dort ankamen, litten viele von ihnen unter den dortigen Arbeitsbedingungen, unter Armut und dem Verlust der „heymishen“ Kultur.

So beschreibt es „Dos Lidl fun goldenen Land“ von Mordechai Gebirtig, das Inge Mandos, wie die anderen Lieder, eindrucksvoll interpretierte. Es beschreibt, wie die Schifffahrtsgesellschaften damals die Menschen mit Versprechungen vom goldenen Land anlockten. Aber als sie ankamen, waren die Versprechungen nichts wert. Die Lady Liberty sagte: Du kannst die Sprache nicht, du hast keinen Beruf, den wir brauchen – Dann geh zurück. Stopp! Bleib wo du bist!

Die von Mandos & Kaatz sorgfältig ausgewählten jiddischen Lieder sind zeitlos und vermitteln das Drama von Vertreibung, Flucht, Fremdsein und enttäuschten Hoffnungen auf eindringliche Weise. Sie zeigen damit auch die Folgen von Intoleranz für Menschen, die sich nichts weiter wünschen als eine gesicherte Existenz in Frieden und Freiheit.

Das musikalische Spektrum umfasst Lieder des jiddischen Dichters Mordechai Gebirtig, der ein großes Herz für die Armen dieser Welt hatte, und Balladen ehemaliger ostjüdischer Volkssänger. Melancholisches ist dabei, Kämpferisches aus der jüdischen Arbeiterbewegung und Humorvolles aus dem Jiddischen Theater. Verarbeitet hat das Duo auch Aufnahmen von Wachswalzen-Phonographen, unbekannte Lieder aus Archiven und Kompositionen jiddischer Liedermacher.

Heute ist das Thema Emigration aktuell wie nie. Die alten Lieder zeigen deutlich, wie sich die Probleme vertriebener Menschen durch die Jahrhunderte gleichen. Immer wenn Gesellschaften in Krisen geraten, wird nicht nach Lösungen, sondern nach Sündenböcken gesucht, denen man die Schuld aufladen kann. Das erleben wir heute leider immer noch – weltweit. Fluchtgründe sind heute wie damals Gewalt, Kriege, Armut und Not.

                                                       

 

 

Auf die Frage, was sie an der Sprache, Musik und Kultur des Jiddischen begeistere, antwortet Inge Mandos:

„Die Menschlichkeit, die tiefe Weisheit, der ungebrochene Lebenswille, der Mut, allen Widrigkeiten zu trotzen und dabei die Freude am Leben nicht zu verlieren.“