(auf dem Bild v. l.) Gerlinde Stobrawa, Prof. Stefan Koch, Prof. Christian Mühlfeld
Beim Spielen im Sandkasten findet die kleine Emilia einen Finger - und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Sie führt auf der Suche nach dem zum Finger passenden Körper von Berlin nach Bad Saarow. Warum er gerade den Kurort für den Dreh- und Angelpunkt seines Romans „Der Finger“ ausgesucht hatte, war eine der vielen Fragen, die Gerlinde Stobrawa in der Talkreihe „Hör mal zu“ Prof. Christian Mühlfeld gestellt hat.
Der Autor des Buches, der unter dem Pseudonym Lars Comino schreibt und Professor für Anatomie an der Medizinischen Hochschule in Hannover ist, war am Freitag zu Gast im Scharwenka Kulturforum. Mühlfeld sagte, er sei durch seine Recherchen über Präparation auf die in Bad Saarow arbeitende Doktorandin Doreen Ullrich gestoßen und habe in diesem Zusammenhang auch Prof. Dr. Stefan Koch, Chefarzt des Pathologischen Instituts, kennengelernt. Bei einem Spaziergang mit ihm durch den Ort sowie aus der Broschüre „Zauberhaftes Saarow“ habe er viele detailreiche Informationen über den Kurort und seine Bewohner bekommen. „Ich war zudem fasziniert davon, wie deutsche Geschichte mit all seinen Facetten seine Spuren in dem Ort hinterlassen hat“, sagte Mühlfeld, dessen drittes Buch bis in die Nazizeit reicht, die DDR, Ost-West-Befindlichkeiten und das Thema Staatssicherheit streift. Es ist kein Kriminalroman, wie man zu Beginn des Buches vermuten kann, sondern eine Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte, mit Anatomie und Ethik und die immerwährende Frage, was man mit Körperspenden tun darf. Auf eine entsprechende Nachfrage, stellte Mühlfeld klar, dass trotz der Detailliertheit der Schilderungen alles frei erfunden sei. An den handelnden Personen habe er zeigen wollen, dass sie sich zwar nicht schuldig gemacht, aber sich aufgrund der herrschenden Umstände auch nicht richtig verhalten hätten.
Bei seinen Recherchen in Bad Saarow hat Prof. Mühlfeld auch für seine Familiengeschichte eine interessante Entdeckung gemacht: Er erfuhr, dass die damals in Bad Saarow lebende Boxlegende Max Schmeling während des Zweiten Weltkrieges 1941 als Fallschirmspringer auf Kreta eingesetzt war. „Dort ist auch mein später gefallener Großvater gewesen.“ Wahrscheinlich haben sie sich gekannt.
Es könnte sein, dass der sympathische Autor und Mediziner noch einmal eingeladen wird. Denn sein viertes Buch „Die Exzellenzen“ ist bereits in Arbeit und handelt von den Rivalitäten der „Götter in Weiß“.
Musikalisch umrahmt wurde der Abend wieder von Friedemann Mewes, dem „ehrenamtlichen Klavierspieler“, der es gut verstand, humorvoll zum Talk überzuleiten.