Lieder, die Kulturen einander näher bringen

Matthias Veit (Klavier) und Hussain Atfah (Tenor) boten ein emotionales Konzert

 

Matthias Veit (l.) begleitete am Piano den aus Syrien stammenden Tenor Hussain Atfah

Was für eine Stimme! Was für ein außergewöhnliches Programm! Mit der Ankündigung zum „Klassischen Liederabend“ mit Hussain Atfah (Tenor) und Matthias Veit (Piano) konnten die Gäste des Scharwenka Kulturforums zwar zwei hochbegabte und talentierte Künstler erwarten, doch die Vielfalt ihrer Darbietungen war für die meisten überraschend.

Hussain Atfah singt voller Inbrust

Hussain Atfah, der in Syrien geboren und aufgewachsen ist, war gerade dabei, als junger Opernsänger mit Orchestern aufzutreten, als er wegen des Krieges 2015 fliehen musste. Mit seinem Cousin schlug er sich über die Türkei, Griechenland und den Balkan bis nach Deutschland durch und landete schließlich in Mecklenburg. Weil er sich engagierte, singen wollte und Menschen traf, die ihm halfen, schaffte er es wieder in die Welt der Musik und konnte 2017 in Lübeck sein in Damaskus begonnenes Studium fortsetzen.

2021 war er schon einmal in Bad Saarow, beim Meisterkurs auf dem Eibenhof, wo er auch Tina und Klaus Erdmann kennenlernte. Die waren schon damals von dem jungen Syrer begeistert und nahmen zur Programmchefin des Scharwenka-Hauses, Gerlinde Stobrawa, Kontakt auf, die ihn wiederum in das Musikerhaus in der Moorstraße einlud. Nun kam er an diesem wunderschönen Maisonntag mit Mathias Veit, seinem Klavierbegleiter. Den ganzen Abend spürte man, wie sehr sich die beiden Musiker verstehen, sich mögen und schätzen. Und ihre Botschaft war eindeutig: Mit Musik wollen sie Kulturen näherbringen!

Der Sänger begleitet sich selbst mit der orientalischen Laute

Im ersten Teil des Abends brachten Matthias Veit, der festival- und konzerterprobte Liedbegleiter, und Hussain Atfah das von Robert Schumann vertonte Heine-Gedicht „Im wunderschönen Mai“ zu Gehör. „Im wunderschönen Monat Mai, als alle Knospen sprangen, da ist in meinem Herzen die Liebe aufgegangen ….“ – voller Gefühl, sanft, kraftvoll, dramatisch – der Sänger zog alle Register mimisch wie stimmlich, um die poetisch-romantische Tiefe des Textes den Zuhörern nahe zu bringen. Zum Zyklus gehören 15 Lieder – gesungen in deutscher Sprache, von einem Mann, der 2015 noch kein Wort deutsch sprechen konnte.

Begeisterts Publikum

Nach einer 20-minütigen Pause luden die beiden Künstler mit den Zyklen Nacht, Schmerz und Traum zu einem musikalischen Streifzug durch die Religionen und Kulturen ein. Gleich zu Beginn – Hussain Atfah hatte inzwischen sein Jackett ausgezogen – griff er zur Oud, einer arabischen Kurzhalslaute, und begleitete sich bei seinem orientalischen Gesang selbst. Diesmal intonierte er in syrischer Sprache. Es folgten Lieder von Hugo Wolf, Mendelssohn und das wohl bekannteste „Über allen Gipfeln ist Ruh“ von Liszt.  Das „Vater unser“ war nicht nur in aramäisch (eine Untereinheit semitischer Sprachen), sondern auch in hebräisch und italienisch im Liedgesang zu hören. Hussain Atfah scheint nicht nur ein musikalisches Talent, sondern auch ein Sprachtalent zu sein.  Nach jedem Zyklus erhielten die beiden Männer herzlichen Applaus, der stimmgewaltige Tenor wie auch der ihn begleitende Mattias Veit. Als Zugabe zeigten sie, dass sie auch stimmlich zueinander passen und gemeinsam singen können. Herzlichen Applaus gab es natürlich auch von Tina und Klaus Erdmann im Publikum. „Es war sehr emotional und hat mich sehr berührt“, lobte die Saarowerin.

Tina und Klaus Erdmann aus Bad Saarow kennen den Tenor (M.) schon länger

Matthias Veit und Hussain Atfah, die sich mit freundlichen Worten ins Gästebuch des Scharwenka-Hauses eingetragen haben, machten eines deutlich: Wir kommen gern wieder“

Friedemann Mewes (l.) vom Scharwenka Kulturverein dankt den beiden Künstlern herzlich und schenkt jedem eine Biografie von dem Pianisten und Komponisten Xaver Scharwenka, dem Namensgeber des Hauses.