Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus

Gespräch zur Ausstellung am Weltfriedenstag

„Es gibt kaum einen besseren Anlass über Krieg, Flucht und Vertreibung zu reden als den 1. September“, eröffnete  Gerlinde Stobrawa dass  Gespräch mit der Fotokünstlerin Ekatarina Sevrouk inmitten ihrer Ausstellung im Bad Saarower Kurpark. Am 1. September 1939 wurde vom deutschen Hitler-Regime der verbrecherische Überfall auf Polen begonnen und in der Folge der II. Weltkrieg, der 60 Millionen Menschen das Leben kostete, 35 Millionen Kriegsinvaliden und 3 Millionen Vermisste hinterließ, ganz Europa  in eine Trümmerwüste verwandelte. Darüber nachzudenken und zu reden sei aktueller denn je, so Gerlinde Stobrawa. Denn trotz aller  guten Vorsätze , die mit der UN-Gründung, ihrer Menschenrechtskonvention gefasst wurden, seien die Kriege noch immer nicht vom Erdball verbannt.  Allein in  Afrika wüten  seitdem 18 Kriege und 200 gewaltsame Konflikte. Und immer wieder gehe es um Macht, Einflussnahme, Reichtum, Bodenschätze. Millionen Menschen leiden auch heute unter Kriegen und Gewalt und in der Folge unter wirtschaftlicher Misere und Armut. Nach Angaben des UNO-Flüchtlingskommissariats UNHCR sind derzeit weltweit 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung – so viele wie nie zuvor.

Einiger dieser Menschen hat sich  45jährige  Fotokünstlerin Ekatarina Sevrouk angenommen. Sie  wurde in Moskau geboren, lebte von 2010 bis 2015 in Österreich und seit 2015 in Berlin. Auch in ihrer Familie war der Krieg noch immer präsent, sagt sie. Der erste Toast ihres Großvaters bei Familienfeiern lautete immer : Für den Frieden der ganzen Welt!

Die 20 großformatigen Fotos der Künstlerin, die mit Unterstützung des Rotary Clubs im Bad Saarower Kurpark ausgestellt sind, wirken zunächst verstörend auf den Betrachter. 20 Porträts junger afrikanischer Männer vor romantischer Alpen-Kulisse. Warum gerade hier? Und warum diese Ausstellung in Bad Saarow?

„Kunst kann“, so schreibt Bürgermeister Axel Hylla in seinem Grußwort zur Ausstellung „im Idealfall Ungesehenes sichtbar werden lassen und bisher Ungesagtes aussprechen. Sie kann spalten und versöhnen.“ Sie werde erst dann interessant, wenn wir vor irgendetwas stehen, das wir nicht gleich restlos erklären können.

„Diese jungen Afrikaner sind unter  großen Mühen und Entbehrungen , aber mit großer Hoffnung auf ein besseres Leben nach Europa gekommen“ so  Ekatarina Sevrouk. Aber was erwartet sie hier?  Ich habe sie mit Absicht an den Orten in den Alpen fotografiert, die von den deutschen Malern und Dichtern der Romantik träumend gefeiert wurden. Es war meine Absicht, diesen Menschen ein Gesicht zu geben, ihnen mit Würde und Respekt zu begegnen“, so Ekatarina Sevrouk.  „Denn ihre Träume und Hoffnungen sind nicht so sehr verschieden von denen, die jeder Mensch hat, ein Leben in Frieden und Wohlstand.“

Werden ihre Träume und Hoffnungen in Erfüllung gehen? Das bleibt ungewiss und wird auch von uns abhängen. Deshalb auch der Titel der Ausstellung „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus.“ Eine Zeile aus dem romantischen Liederzyklus Winterreise von Franz Schubert. Nach dem Gespräch mit der Künstlerin kann man die Foto Kunst Ausstellung im Kurpark mit ganz neuen und offenen Augen sehen.

Ein interessanter, nachdenklicher Nachmittag. Aufklärung im besten Sinn des Wortes. Einfühlsam musikalisch begleitet von der Gitarrengruppe des Scharwenkahauses unter Valentina Ravva.

Die Ausstellung ist bis zum 17. Oktober 2020 im Kurpark Bad Saarow zu erleben.

 

Musikalische Begleitung durch die Gitarrengruppe
Gerlinde Stobrawa (l.) im Gespräch mit Ekatarina Sevrouk (r.)
Ekatarina Sevrouk im Gespräch mit Besucherinnen
Bild der Ausstellung
Die Foto Kunst Ausstellung im Kurpark
Bild der Ausstellung
Bild der Ausstellung