Von der Mathematik zur Kultur

Kurzweiliges Gespräch mit Angela Grabley "Zur Kaffeezeit"
Angela Grabley (l.) erzählt im Gespräch mit Gerlinde Stobrawa über ihr Leben und ihre Arbeit

Wenn der Kurort Bad Saarow im nächsten Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, dann spielt auch der Name Grabley eine Rolle. Ein guter Grund für Gerlinde Stobrawa, Leiterin des Scharwenka-Hauses, Angela Grabley einzuladen. Zwar ist sie „nur“ angeheiratet, aber inzwischen zu einer lokalen Persönlichkeit geworden und an ihren Aufgaben gewachsen, wie die „Kaffeezeit“-Gäste am Donnerstag in einem kurzweiligen Gespräch erfuhren.

Zur Erinnerung und nachzulesen in dem von Angela Grabley und Wolfgang de Bruyn 2018 herausgegeben Buch „Der Kulturbund auf dem Eibenhof“: Der Arzt Dr. Paul Grabley hatte 1919 den Eibenhof an der Spitze der Halbinsel Saarow Dorf gekauft und zu einem Sanatorium gemacht. 1948 übernahm der Kulturbund der DDR dieses Areal. Die Familie Grabley hatte unmittelbar daneben ein Grundstück. Auf dieses zog nach vielen Jahren in Berlin 1994 Angela Grabley mit ihren Mann Thomas. „Aber richtig angekommen bin ich erst 2011“, bekannte die heute 64-Jährige.

Eigentlich war die Mathematik ihr Steckenpferd, die gelernte Verkehrskauffrau hatte Ökonomie studiert, promoviert, zwei Töchter bekommen und bei der Interflug der DDR gearbeitet. Nach der Wende habe es große Pläne mit der Fluggesellschaft gegeben, die sich allerdings in Luft aufgelöst hätten. Angela Grabley, zu dieser Zeit Abteilungsleiterin Personalwesen, musste über 1000 Kündigungen ausstellen. „Das war eine sehr bittere Zeit“, erinnert sie sich. Auch sie muss gehen, kennt das unangenehme Gefühl beim Arbeitsamt eine Nummer zu sein und ständig als überqualifiziert zu gelten.  Sie schafft es endlich durch zahlreiche Qualifizierungen, bei der Seed Capitol Brandenburg GmbH, einer Tochter der ILB, eine Anstellung zu finden und beschäftigt sich fortan damit, Firmengründer zu finanzieren – bis 2011.

Inmitten des Publikums auch ihr Mann und Schwiegervater: Thomas und Peter Grabley (r.)

Bereits 2008 hatte die Familie Salmuth den Eibenhof gekauft und sich bereit erklärt, das Areal für Kulturveranstaltungen zu öffnen. Dafür brauchte es eine oder einen Eventmanager. Angela Grabley bekam von ihrem Mann den entsprechenden Schubs und willigte ein, machte nochmals Lehrgänge und schaffte es, bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 2021 viele schöne Veranstaltungen zu organisieren und dabei zu helfen, das Festival „Film ohne Grenzen“, das es in diesem Jahr zum zehnten Mal gibt, zu etablieren. Bei dem Gespräch mit Gerlinde Stobrawa erinnert sie sich an ihre erste Veranstaltung mit etlichen Pannen noch genau: Es war ein Stummfilmkino auf dem Reitplatz. „Danach flogen am Himmel ganz viele Sternschnuppen.“

Ein Buch über die Geschichte des Eibenhofes. Herausgeber sind Angela Grabley und Wolfgang de Bruyn.

Im Ruhestand gibt es dennoch keine Ruhe. Im Kurortförderverein, den ihre Schwiegereltern Hanna und Peter Grabley mit aufgebaut haben, arbeitet sie aktiv mit und ist verantwortlich für das in der Bibliothek angesiedelte Literaturkabinett, das sich der „Literatur aus Bad Saarow“   verpflichtet fühlt. Und sie wirbt für die nächste Veranstaltung: Am 18. September spricht Knut Elstermann mit dem Autor John Erpenbeck. Zudem ist sie die „Chefin“ der Gästeführer, die am 11. September zum Tag des offenen Denkmals zu einer Führung im oft vergessenen Pieskow einladen. Auch auf dem Eibenhof hat die Theater-Liebhaberin noch ein Event zu bieten: Am 15. Oktober gibt es ein Kammerspiel nach dem Roman von Thomas Mann „Bekenntnisse eines Hochstaplers“ – ein Ein-Mann-Stück mit Volker Ranisch. Angela Grabley ist das beste Beispiel dafür, dass auch Bad Saarow ohne Ehrenamt viel weniger zu bieten hätte. Auch das Scharwenka Kulturforum wird ausschließlich ehrenamtlich betrieben. Und es wird viel gescherzt: Gerlinde Stobrawa ließ es sich nicht nehmen, auf die Nachhaltigkeit der Veranstaltung „Zur Kaffeezeit“ am Donnerstag hinzuweisen: Die beiden Damen auf der Bühne sparten Strom und verzichteten auf ein Mikrofon. Die meisten Gäste waren zu Fuß oder per Pedalo (19 Fahrräder wurden gezählt) erschienen. Und es wurden selbst genähte Leinen-Säckchen, gefüllt mit getrocknetem Lavendel aus dem Scharwenka-Garten, verkauft. Angela Grabley bekam das duftende Beutelchen natürlich geschenkt.