Kein Platz blieb leer bei der ersten Veranstaltung nach der Winterpause im Scharwenka Kulturforum. Für das große Interesse gesorgt hatte Dr. Jens Osel. Der ärztliche Direktor und Chefarzt der Klinik für Traumatologie und Orthopädie des Bad Saarower Helios-Klinikums war diesmal Gast der beliebten Talk-Reihe „Hör mal zu“. Unter den Zuhörern auch Kollegen und Patienten. Aber auch die, die ihn kannten, erfuhren an dem Abend noch viel Neues, gelang es doch Gerlinde Stobrawa in ihrer gewohnt kurzweiligen Befragung und Unterhaltung auch einige Schmunzetten aus ihm heraus zu locken. So habe er es anders als in Deutschland bei seinem Einsatz in der Schweiz erlebt, dass Patienten auch die Frage stellten, wann sie denn nach der Behandlung „wieder schaffen“ könnten…
In Südthüringen geboren, zog er später mit der Familie nach Erkner, machte an der EOS Rüdersdorf sein Abitur und hatte sich schon sehr früh entschlossen, Arzt zu werden, „weil ich als Kind immer Angst vor Ärzten hatte“. Er entschied sich für die Uni in Greifswald, die Militärmedizin interessierte ihn. Ursprünglich wollte der junge Osel Internist werden, die Chirurgie erschein ihm „zu grobschlächtig“. Aber recht früh habe er gemerkt, dass das nichts für ihn sei, weil „zu langwierig“. Osel erzählte, dass er viel von guten Chefs gelernt habe, unter anderem an der Charité, im Oberlinkrankenhaus in Potsdam, in Guben und auch im Bundeswehrkrankenhaus, wo er seine Dissertation und Doktorarbeit geschrieben hat. Der umtriebige und wissbegierige Arzt sammelte Erfahrungen während seiner Arbeit in der Schweiz und über zwei Jahre – nur an den Wochenenden – in England (Belfast und Bristol). Der abenteuerlustige Orthopäde hatte auf das Programm der englischen Regierung reagiert, mit dem ausländische Ärzte geworben wurden, um den Patientenstau abzuarbeiten. „Die Warteliste auf Kunstgelenke war erschreckend lang, mehr als zwei Jahre. Es hat mich interessiert und ich habe gutes Geld verdient.“
2001 folgte er dem Ruf aus Bad Saarow und Dr. Jens Osel startete gleich als Chefarzt, seit sechs Jahren ist er Ärztlicher Direktor und gilt nach der Focus-Bestenliste als Topmediziner Deutschlands in der Fußchirurgie. Eine hohe Kompetenz auf diesem Gebiet beschied er an dem Abend seiner Frau Ilka, die eine orthopädische Praxis in Bad Saarow betreibt und unter den Zuschauern saß. Das Paar hat drei erwachsene Töchter, die alle Berufe im Bereich Medizin studieren.
Auf die Frage, ob er sich für einen „guten Chef“ halte, betonte Dr.Osel, dass er ständig von seinen Mitarbeitern Qualitätsarbeit verlangen müsse. „Der Patient begibt sich in unsere Hand. Wir können nicht immer alle Erwartungen erfüllen, aber wir können alles dafür tun“, so sein Credo. Die Zeit, wo Ärzte als „Götter in Weiß“ erschienen, sei vorbei, Patienten seien selbstbewusster geworden und es sei richtig, dass sie sich informieren und mehrere Meinungen vor einer Behandlung einholen. In Bezug auf die Krankenhausstrukturen sagte Osel, er verstehe, dass Kliniken Geld verdienen müssten, aber Gewinne sollten begrenzt werden. „Wieviel Rendite ist gesund?“, fragte der 58-Jährige. Prozesse könnten immer verschlankt werden, um Kosten zu sparen, aber das dürfe nicht zu Lasten der Patienten gehen. Operationen ohne Indikation, nur um Geld zu verdienen, dazu gebe es von ihm ein klares Nein. Natürlich werde auch im Helios gespart, aber „die Qualitätskontrolle ist überdurchschnittlich gut“. In diesem Zusammenhang fiel auch das Wort „Todesfallkonferenzen“.
Dass wir künftig von Robotern operiert werden, ist wahrscheinlich. In der Weichteilchirurgie werde das schon praktiziert, in der Knochenchirurgie sei das schwieriger, erklärte Osel. Aber die 3-D-Brille beim Operieren, durch die die Knochen dreidimensional sichtbar werden, sei realistisch.