„Ist er nicht wunderschön gestorben?“

Auf der Bühne des Scharwenka Kulturforums: Sänger des Meisterkurses Art of Singing lebten, liebten und sanken dahin unter dem stürmischen Beifall des Publikums
Vereinsvorsitzende Vera Jaspers (2.v.r.) hieß Burkhard Fritz, Gesangsdozent und Heldentenor aus Mannheim , Kirsten Schötteldreier, Voice- und Performance Coach, und Susanne Kreusch, Organisatorin des Meisterkurses (v.l.), im Scharwenka Haus willkommen
Mit vollem Körpereinsatz: Burkhard Fritz gibt Anna Luise Costello vor, wie kraftvoll ihre Stimme erklingen möge.
Großartige Stimme: Grace Murphy aus Irland singt eine Arie aus der Oper „Rusalka“

 

Kirsten Schötteldreier führt mit ihren Korrekturen und Ratschlägen die Sängerinnen und Sänger – hier Grace Murphy – zu Höchstleistungen.

 

Jong Hwan Li aus Südkorea bei der Arie „Io morro aus „Don Carlos“
Kirsten Schötteldreier gibt Jong Hwan Li Hinweise, wie er den Sterbenden in der Oper „Don Carlos“ noch ergreifender interpretieren kann.
Keine Übung zur Körperertüchtigung: Burkhard Fritz demonstriert, von wie weit oben ein bestimmter Ton herkommen sollte.
Trotz aller stimmlichen und körperlichen Anstrengung kommt auch der Spaß beim Singen nicht zu kurz, wie Rory Green beim Auftritt mit Anna Luise Costello beweist.
Der Pianist Marcin Koziel begleitet die Sängerinnen Joanna Dobrakowska (r.) und Florentine Schumacher bei ihrem Duett aus der Oper „Lakmè“

Die Besucherinnen und Besucher des Scharwenka Kulturforums wissen inzwischen, dass das Haus mit seinem rührigen Verein immer für eine Überraschung gut ist. Davon wurden um ein weiteres Mal die Gäste überzeugt, die zur öffentlichen Probe des Meistersängerkurses Art of Singing am Donnerstag Nachmittag gekommen waren. Dass die Akteure dieses Kurses – die in Amsterdam lebende Kirsten Schötteldreier, ihres Zeichens Voice- und Performance Coach, der Professor an der Mannheimer Musikhochschule und Heldentenor Burkhard Fritz und die organisatorische Leiterin des Kurses Susanne Kreusch, von ihrer Profession her auch Sängerin, den Wunsch hatten, im 10. Jahr dieser wunderbaren Meistersängerkurs-Tradition schon im Vorfeld der Premiere öffentlich zu zeigen, wie die höchst talentierten jungen Leute aus verschiedenen Ländern noch größere Perfektion erlangen, erwies sich als ein Glücksfall. Und dass sie dies im Scharwenka Kulturforum taten, kam ihrem Anliegen ganz besonders zugute. Die teils intime Wohnzimmeratmosphäre, die trotzdem zahlreichen Besuchern Platz bietet, war der ideale Ort für den Auftritt der bemerkenswerten Gesangstalente. Wüsste man nicht, dass die mit 20 bzw. 21 Jahren sehr jungen Teilnehmerinnen Nora Goldnagl aus Wien und Hanna Felicitas Klein aus Lübeck – sie sangen im Duett die Arie der Barabarina aus „Figaros Hochzeit“ – gerade erst am Anfang ihrer Karriere stehen, würde man sie schon viel weiter vorn mit ihren Leistungen verorten. Jede weitere Sängerin, jeder Sänger trumpften auch nach ihnen mit äußerst bemerkenswerten Leistungen auf. Ob es nun der südkoreanische Bariton Jong Hwan Li mit der Arie des Sterbenden aus Don Carlos war, die Coach Burkhard Fritz mit den Worten kommentierte „Ist er nicht schön gestorben?“ oder die Irin Grace Murphy, die mit einer Arie aus „Rusalka“ nicht nur begeisterten Beifall, sondern auch Bravo-Rufe des Publikums erntete – sie alle boten Leistungen, die man auf großen Opernbühnen erwarten könnte. Und dass der Meistersängerkurs tatsächlich schon Gesangsgrößen beförderte, beweisen zum Beispiel Karin Delfs, die an der Staatsoper unter den Linden in Berlin die „Königin der Nacht“ singt, oder die US-Amerikanerin Lea-Ann Dunbar, die inzwischen an bedeutenden Opernhäusern auftritt.

Die diesjährigen 12 Sängerinnen und Sänger, zwei Pianisten und ein Dirigent haben auf dem Eibenhof ein beschauliches, ruhiges Domizil und lieben vor allem, so Kirsten Schötteldreier, das Wasser des sie umgebenden Scharmützelsees,  in den die Sängerinnen und Sänger während ihres Aufenthaltes regelmäßig steigen. Denn Schwimmen sei eine der besten Bewegungen für Gesangssolisten um aufzutanken, den Brustkorb zu weiten und Kraft für die mitunter auch schweißtreibende Anstrengung beim Interpretieren großer Opernarien zu sammeln. Dass die gesamte Crew  die Idylle auf der Halbinsel verließ und in aller Öffentlichkeit probte, sei für sie ein großer Gewinn, so die beiden Coaches. Und für die Besucher der zweistündigen Probe erst recht. Denn wann erlebt man in Bad Saarow schon so begabte junge Talente, von denen man später vielleicht auf den Opernbühnen der Welt erfährt. Und vielleicht nimmt manch ein Teilnehmer auch etwas aus den Reihen der Zuschauer mit, die die Coaches immer wieder nach ihrer Meinung befragten. Was ihnen denn bei dem Auftritt von Rory Green mit Anna Luise Costello fehlte, um sie noch mehr als Liebespaar zu sehen, fragte Kirsten Schötteldreier in die Runde. Die launige Antwort von Helmut Lilge – ein langjähriges Scharwenka-Vereinsmitglied: „Er muss mehr rangehen!“ Was den jungen Mann nicht nur zum Lachen brachte, sondern was er dann auch erfolgreich beherzigte.

Um vermeintliche Liebe dreht es sich bei einem Duett aus „Rusalka“, vorgetragen von Anna Luise Costello und Rory Green.