So ein leichtes Spiel hat ein Fotograf beim Ablichten eines Künstlers selten. Meist gibt es bei den Akteuren den Wunsch, vorteilhaft in Szene gesetzt zu werden – bitte beim Singen nicht mit offenem Mund, beim Spiel auf dem Instrument nicht in unvorteilhafter Haltung. Bei Rebecca Carrington hingegen sind Gestik und Mimik – und dazu noch die verrückteste – Teil ihrer Performance. Diese jedoch in den Vordergrund zu stellen, wäre unfair. Die 53-Jährige in England geborene und seit 15 Jahren in Berlin lebende Musikerin und Kabarettistin ist zuallererst eine hervorragende Cellistin und zudem auch ausgebildete Opernsängerin, was sie in ihren Gesangseinlagen auf hohem Niveau und einem unglaublichen Stimmumfang beweist. Sie schaffte es, das Publikum von der ersten Minute an zu begeistern. In ihrem Programm nimmt sie die Zuhörer mit auf eine Reise durch ihr Leben, das in der Nähe von London begann, sie über die US-Bundesstaaten Virginia und Texas schließlich vor 15 Jahren nach Berlin führte. Man erfährt, dass Joe ihr Freund und bereits über 240 Jahre alt sei, ihr Cello also, das sie von ihrer Großmutter geschenkt bekam und nach anfänglichem Klavierspiel nur noch mit Joe unterwegs war. Wie schwer der Anfang am Cello war, lässt sich nur erahnen, denn bei Rebecca Carrington hat alles eine gehörige Prise Humor, wenn sie in fließendem Deutsch, aber angenehmem englischen Akzent erzählt, dass es ihr anfangs vorkam, als wenn sie Töne für eine Telefon-Hotline hervorbringt und zwischendurch immer ertönt „Please hold the line“.
Ihre jetzige Meisterschaft auf dem Cello verführt sie dann zu solchen mitreißenden Momenten, wenn sie ihm schottische Dudelsackmusik entlockt, („Ich bin der Sack, Joe ist mein Dudel“), indem sie mit dem Mund in Beatboxen-Manier noch den typischen Sound eines Dudelsacks zu auf den nur gezupften Saiten des Cello zaubert. Ein Fest für die Sinne ist auch ihr musikalischer Ausflug nach Frankreich. Wie sie die große kleine Edith Piaf auf ihre eigene Art singt und spielt, ist hinreißend komisch und bringt ihr begeisterten Beifall ein. Oder wie sie wegen ihrer Liebe auch zu spanischer Musik ihr Cello zur Gitarre umfunktioniert, in ihrem Interesse für indische Musik ihr nur vier Saiten umfassendes Cello dazu bringt, die -zig Saiten einer Sitar zu imitieren und bei ihrem Aufenthalt in den USA einer Kalifornierin wegen ihrer klaren englischen Sprache erklärt, woher sie komme: „Aus England“ und sie als Antwort die Frage bekommt: “ Oh, wo ist England?“ Und das alles mit der entsprechenden Musik umrahmt, erheitert die Zuhörer ebenso, wie auch die Brücke, die sie musikalisch von dem von ihr verehrten Johann Sebastian Bach zu britischer Popmusik schlägt und plötzlich „We are live in a yellow submarine“ oder „Yesterday“ von den Beatles mit verwebt, klingt schon hinreißend.
Als Berichterstatterin kann man nicht all die herrlichen Pointen wiedergeben. Man muss sie mit dem Carringtonschen Gesicht und ihrer Musik dazu hören. Auch manche deutsche sprachliche Perversion wie die Begriffe Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung oder Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz bekommen ihr Fett weg, wenn sie ihre deutsche Heimat kritisch betrachtet. Und wie sie das alles in ihrem Programm unterbringt, schafft auf jeden Fall Vergnügen.
Wer noch nie etwas von Rebecca Carrington gehört hat, sollte sich ihren Namen merken. Für Kristina Zels ist sie jedenfalls keine Unbekannte. „Mein Mann und ich sahen sie schon öfter in der Bar jeder Vernunft in Berlin und finden sie Klasse. Und wenn sie schon mal hier im Ort ist ist, da mussten wir natürlich herkommen“, sagt die Bad Saarowerin , die mit ihrem Mann Arne den unterhaltsamen Abend erlebte. Mit diesem umjubelten Auftritt ist Rebecca Carrington zwar zum ersten Mal in Bad Saarow gewesen – aber hoffentlich nicht zum letzten.