Die Frau auf dem 100-DM-Schein

Die Musikwissenschaftlerin Dr. Bettina Gößling wusste kenntnisreich, mit musikalischen Kostproben und familiären Details aus dem Leben der großartigen Komponistin und Pianistin Clara Schumann zu berichten
Ruth Buder, Mitglied des Vereinsvorstandes (l.), begrüßte Dr. Bettina Gößling

Dass die klassische Musik – neben inzwischen auch vielen anderen Sparten anspruchsvoller Kultur –  sozusagen in der DNA des Scharwenka Kulturforums verankert ist, wissen die Freunde dieser Musikrichtung sehr zu schätzen. Deshalb wurde auch eine erstmalig erprobte Veranstaltungsart – ein Musikvortrag – von zahlreichen Besuchern sehr gut angenommen. Ganz im Sinne der Scharwenka-Vereinsmitglieder, in diesem Jahr den Komponistinnen unter den Vertretern der Klassik besondere Aufmerksamkeit zu schenken, stand dann auch der Besuch der Berliner Musikwissenschaftlerin Dr. Bettina Gößling bei der jüngsten „Kaffeezeit“. Ihr Thema: die Pianistin, Komponistin und Klavierpädagogin Clara Schumann (1819-1896). Sie ließ das Leben und Werk dieser unglaublich begabten, starken Frau in anschaulicher und unterhaltsamer Form Revue passieren.

Bettina Gößling hat in Osnabrück und Berlin Musikwissenschaft und Anglistik studiert und entwickelte nach dem Studium und der Tätigkeit im Bereich der so genannten „ernsten“ Musik eine große Leidenschaft dafür,  Menschen jeglichen beruflichen Hintergrundes  in Workshops und Vorträgen an diese schöne Kunst heranzuführen. Inzwischen hat sie zu den verschiedensten Themen bereits 18 Vorträge ausgearbeitet.

Mit Beifall honoriert wurde der Vortrag durch das Publikum, dessen Interesse an klassischer Musik dieses Mal durch einen Musikvortrag gestillt wurde. Bei Kaffee und Kuchen – wieder liebevoll im Hintergrund vorbereitet von den fleißigen Vereinsmitgliedern – genoss es die gemütliche Atmosphäre. _

In Bad Saarow nun schaffte sie mit ihrem Vortrag und den Musikbeispielen einen anrührenden Einblick in das sowohl erfolgreiche, als auch von vielen Schicksalsschlägen überschattete Leben und Werk Clara Schumanns zu geben. Hineingeboren 1819 als Clara Wieck in eine musikalisch vorgeprägte Familie mit Vater Friedrich Wieck, der selbst Klavier spielte und eine Fabrik für Klaviere gründete, und ihrer Mutter Mariane Wieck, Sängerin, Pianistin und Klavierlehrerin, erfuhr sie vor allem durch ihren Vater eine sensible, stets ihrem Alter entsprechende Förderung. Sein Motto: Mit Ruhe, Sicherheit und Leichtigkeit den möglichst schönsten Ton erreichen. Nach der Scheidung ihrer Eltern blieb Clara – so sah es das Gesetz vor – bei ihrem Vater. Unter seiner Anleitung wurde Clara das Wunderkind, das wenige Jahre später schon die Zuhörerschar begeisterte. Clara schaffte es schon in jungen Jahren, die von manchem als zu kompliziert empfundene Musik von Mozart, Haydn oder Beethoven durch das Verbinden mit virtuosen Elementen aus den dunklen, schwermütigen Klangfarben  weiterzuentwickeln. Ihre erste Sonate sei eingeschlagen wie ein Meteorit, die Kritiker überschlugen sich in ihren Bewertungen. Sie spielte Stücke der musikalischen Avantgarde ihrer Zeit, und es soll vorgekommen sein, dass man sich an den Kassen um Karten für ihre Auftritte prügelte. Ihrem Vater zu Ehren, der ihr diese Entwicklung ermöglichte, komponierte sie zu einem seiner Geburtstage drei Lieder, war mit ihm zu umjubelten Konzerten in Paris, Berlin, Wien unterwegs.

Diese innige Verbindung zu ihm endete dann in einem schlimmen Drama, das mit dem Eintreten Robert Schumanns als Schüler von Friedrich Wieck seinen Anfang nahm. Der zu diesem Zeitpunkt 20-jährige Schumann war vom Können und der Anmut der erst 11-jährigen Clara fasziniert. Ihre erste Liebe jedoch erlebte sie mit einem Mitglied des Gebrüder-Müller-Quartetts, einem Streichquartett, ehe sie sich später dann aber in Robert Schumann verliebte. Ihr Vater verbot ihr diese Verbindung, weil er Schumann seiner Tochter nicht ebenbürtig fand. Als dieser an ihrem 18. Geburtstag um Claras Hand bat, untersagte der Vater jeglichen Kontakt der beiden. Erst durch eine gerichtliche Verfügung konnten sie später heiraten. In ihrer Ehe beflügelten sich die beiden Künstler in ihrem musikalischen Schaffen, wobei Clara zudem noch die Haushaltsführung und später insgesamt sieben Kinder ihr Leben um zahlreiche Aufgaben erweiterte. Dass zwei der Kinder starben, raubten Clara Schumann Kraft und Zuversicht, wie auch im Jahr 1844 der körperliche und geistige Zusammenbruch ihres Mannes.

Der Umzug nach Dresden und die Möglichkeit wieder zu komponieren, richteten sie erneut auf. Sie beschäftigte sich mit Werken von J. S. Bach und der Kunst der Fuge. Das 1846 entstandene „Klaviertrio op.17“ wird als Höhepunkt ihres musikalischen Schaffens bezeichnet, die Kritiker feiern sie dafür. Familiär geht es nur kurzzeitig erfolgreich weiter, als Robert Schumann zum Städtischen Musikdirektor nach Düsseldorf berufen wird, dort aber nach wenigen Jahren scheitert, weil er für diese Funktion nicht geeignet ist. Später leidet er an Verfolgungswahn und Gehörhalluzinationen und stürzt sich in den Rhein, wird aber gerettet. Nach Jahren in einer Nervenheilanstalt, wo ihn Clara nicht besuchen darf und sie das Leben mit den Kindern nur mit Hilfe ihrer Mutter meistert und den Lebensunterhalt mit Klavierkonzerten bewältigt, stirbt Robert Schumann 1856.

Sie wagt noch einmal einen Neuanfang mit ihren Kindern, findet einen Rückzugsort in einem Vorort von Baden-Baden und spielt bis 1888 insgesamt 29 Konzerte in Ungarn, Österreich, England, Russland. Von 1881 bis 1893 gibt sie mit Johannes Brahms, der auch ihr inzwischen hilfreich zur Seite steht, die Gesamtausgabe seiner Werke heraus. Im Jahr 1878 erhält sie eine Klavierprofessur in Frankfurt/Main, wo sie im Jahr 1896 auch stirbt.

Und wem als einziges zu Clara Schumann einfällt, ach, das ist doch die Frau auf dem 100-DM-Schein gewesen, der sollte unbedingt nachlesen, was für eine außergewöhnliche, begabte und erfolgreiche Person sie war.

 

Zur Erinnerung an ihren erstmaligen Vortrag im Scharwenka Haus erhielt Bettina Gößling eine Packung Kaffee aus der in Bad Saarow ansässigen Kaffeerösterei.