„Alle meine Entchen“ in der „Moldau“

Der Thüringer Felix Reuter klärt kabarettistisch über Notendiebstahl auf
Musikkabarettist Felix Reuter begeistert die Gäste im ausverkauften Scharwenka Haus. Er spielte nicht nur auf dem Bechstein-Klavier, er hatte auch witzige Anekdoten parat.

Wer hat eigentlich von wem geklaut? Diese Frage zieht sich wie ein heiterer Faden durch den Abend mit Felix Reuter. Der Musikkabarettist, der noch am Tag zuvor im Berliner Schlossparktheater aufgetreten war, gastiert zum ersten Mal im Scharwenka Haus – und das ist ausverkauft. Die Ankündigung seines Programms „Die verflixte Klassik“ hat seine Wirkung nicht verfehlt und viele neugierig gemacht – Klassik-Fans und solche, die sich der Materie annähern wollen. Ob Spezialist oder nicht –  die oft Jahrhunderte alten Ohrwürmer, die Reuter auf dem Bechstein-Klavier intoniert, kennt jeder. Gleich zu Anfang bekommt Mozart, der am 27. Januar Geburtstag hatte, ein nachträgliches Ständchen mit „Happy Birthday to you“, um dann sogleich mit den Tasten in Mozarts „Kleine Nachtmusik“ abzudriften. Mozart, so behauptet es der Humorist am Klavier, habe das erste Weihnachtslied geschrieben. Wer gut zuhört, kann in den Melodien des Altmeisters sofort das Kinderlied  „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ entdecken. Und so geht es den ganzen Abend weiter. Das Publikum ist entzück, lacht, applaudiert. „Immer wenn ich spiele, denke ich, hier hat doch irgendeiner was geklaut“, sagt der lustige Pianist und bringt gleich den nächsten Beweis.

Von Kopf bis Fuß auf Tasten eingestellt …

Hört sich dieses  Präludium von Bach nicht ähnlich wie „My Way“ an? Und nicht nur das: Den Song, den der Sänger Frank Sinatra weltberühmt gemacht hat, transferiert Felix Reuter auch kurz mal mit ein paar Fingerübungen in die Barockzeit: „Nur ein paar Sequenzen einbauen und einen Ton drunter. Fertig.“ Ja, Klavierspielen ist ja so leicht, „das kann jeder“, führt der Kabarettist spielend vor. Man schaue nur die 5. Sinfonie von Beethoven, die Schicksalssinfonie, an, nur Klopfzeichen: ba-ba-baba. Nur ein paar Noten verschiebt Reuter, „und schon ist es Jazz“.

So einfach ist das! Mehrfach animiert der Pianist an diesem Abend die Zuschauer, sich ein Klavier zuzulegen.

Dann Beethovens Neunte. „Freude schöner Götter funken, das kennt jeder. Aber wo hat er die Melodie her?“, fragt sich der Künstler, um sofort im Kinderlied „Sind die Lichter angezündet“ oder in der DDR-Nationalhymne musikalische Parallelen zu entdecken.

Auch bekannte und beliebte Kompositionen von Rachmaninow, Tschaikowski, Prokofjew, Chopin, Händel, Liszt, Grieg und Schubert müssen auf charmante Art dran glauben, Reuter findet immer irgendwelche Dubletten. Unter anderem in dem Hit von Howard Carpendale „Hallo Again“,  in dem Lied „Oh Champs Elysee“  von Joe Dassin oder in dem Musical „Cats“ von Andree Lloyd Webber. Und er beweist  mit seinen flinken Fingern und immer ohne Noten, dass Smetanas „Moldau“ im Kern von „Alle meine Entchen“ stammt.

Alle Plätze belegt. Und ein tolles Publikum.

Und als Tipp für den Hausgebrauch empfiehlt Reuter, zeitgenössische Musik zu spielen, mal die schwarzen, mal die weißen Tasten zu bedienen, etwa nach dem Vorbild von Harpe Kerkeling, dem 2009 mit „Hurz“ vor vermeintlichen Kennern ein grandioser Fernsehstreich gelang. „Ihre Gäste werden begeistert sein. Und dann kann man sich verbeugen.“

Das tut der gebürtige Thüringer nach knapp zwei Stunden auch. Natürlich bekommt das applaudierende Publikum eine Zugabe. Der Künstler wehrt ab: „Sie brauchen gar nicht so viel klatschen. Ich spiele gern.“ Das glaubt man Felix Reuter aufs Wort.

Ein Selbstgebrannter aus Quitten, geerntet im Scharwenka-Garten. Ilona Genschmar, stellv. Vorsitzende des Scharwenka Kulturforums e.V. überreicht die hochprozentige Köstlichkeit – als Dankeschön.