





Dieser „Hör`mal zu“-Abend begann ganz außergewöhnlich – mit einem kleinen Gongschlag und einer einmütigen Meditation. Kein Wunder, denn Vereinsmitglied Susanne Karafiat durfte einen Gast begrüßen, zu dem dieses Ritual bestens passte: den Mönch Tsondru Tharchin. Sicher sind dem freundlich dreinblickenden Mann mit kahlem Kopf und Brille auf der Nase in seinem dunkelrot-orangenen Gewand schon viele Bewohner und Gäste Bad Saarows begegnet, oft mit zurückhaltend-neugierigen, mitunter aber auch geringschätzigen Blicken, was den Mönch dann auch kränkt. Denn er würde viel lieber gern mit den Menschen ins Gespräch kommen, über sich und seine Berufung mit ihnen sprechen. Am ehesten interessiert würden sich noch Jugendliche zeigen, von denen er aus einer Gruppe heraus mal gefragt wurde, ob er ein Kung-Fu-Mönch sei. Ein etwa 13- bis 14-Jähriger wollte im Kurpark von ihm wissen, ob er der Dalai Lama sei. Bei der Aufklärung dieses Irrtums zeigte sich der Junge mit vielen weiteren Fragen sehr interessiert.
Interviewpartnerin Susanne Karafiat vom Scharwenka-Verein wusste natürlich sehr gut, mit wem sie es zu tun hatte und stellte somit auch sach- und fachkundige Fragen, die den Mann unter der Mönchsrobe nahbar und mit einer sehr interessanten Vita hervorscheinen ließ. So erfuhren die Gäste, wie aus einem jungen Menschen, der einst verheiratet war und zwei Söhne und drei Enkel hat, über recht verschlungene, oft schmerzhafte Wege der Mönch Tsondru Tharchin wurde. Bis er seine jetzige, für ihn außerordentlich befreiende Berufung fand, war er in jeder seiner beruflichen Laufbahnen als Krankenpfleger, als Einrichtungsberater, Speditionskaufmann, mit 30 Jahren Abiturient, mit Ende 30 dann ein Philosophie/Soziologiestudium begonnen und wegen der Tätigkeit in der Bibliothek der Hochschule noch den Berufsabschluss für Medien und Informationswesen erworben, blieb er doch stets ein Suchender. Zwischendurch auch immer wieder ernsthaft erkrankt, musste er bei allen seinen bisherigen Lebensstationen feststellen: Das ist nicht das Leben, das ich leben möchte. Auf die ihn schon als Jugendlichen bewegenden Fragen, warum bin ich, warum bin ich hier, warum gibt es Streit in der Familie, fand er für sich nie eine Antwort. Auf die Frage der Interviewerin, was schließlich der Impulsgeber dafür war, dass er den Weg zum Buddhismus fand, seine Antwort: „Eine Nonne. Ich begegnete ihr – allerdings war sie da nicht als solche erkennbar – in einer Arbeitsgemeinschaft, in der sich Schreibende zusammenfanden. Sie lud zu einem Wochenende der Meditation ein, und ich war neugierig. Dort erschien sie dann in ihrem vollem Ornat. Und nach diesem Wochenende wusste ich: das ist es. Die Meditation, sich auf sich selbst zu besinnen, das ist der Weg. Es geht nicht über etwas von außen, das mir bei meinen Problemen hilft, sondern nur über mich selbst. Ich möchte eine Form der Glückseligkeit erleben. Und Glückseligkeit finden wir nur in uns.“ Als sein Vater auf der Intensivstation starb, „was ich niemandem wünsche“, entschloss sich der junge Mann in die Hospizbewegung zu gehen. Nach weiteren Stationen auf seinem nun eingeschlagenen Pfad – inzwischen hatte er sich auch von seiner Familie getrennt – ging er schließlich für fünf Jahre in ein buddhistisches Kloster nach Frankreich, wo er zum Abschluss seine Ordination erhielt. Interessant für die Zuhörer auch das Gelübde, das er bei dieser Weihe ablegte. Im Gegensatz zur christlichen Religion, in der es ja u.a. heißt „Du sollst nicht töten“, wird im Buddhismus eher das Bemühen zum Erreichen bestimmter Verhaltensweisen voran gestellt.
Bis Tsondru Tharchin schließlich im Sukhavati – übersetzt als Ort des Glücks, des Friedens – in Bad Saarow ankam, verging wieder eine geraume Zeit. Nun aber fühlt er sich hier sehr gut angenommen, hat neben seiner Qualifikation als Sterbebegleiter auch noch die eines Seelsorgers erlangt und begleitet Menschen auf ihrem letzten Weg. Für die ruhige, herzliche und in jeder Situation Empathie ausstrahlende Atmosphäre im Haus sorgen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich auch zweimal in der Woche zur 15-minütigen Meditation finden, um in ihrer nicht immer einfachen Tätigkeit zu innerer Ruhe zu kommen. Schließlich klärte der Mönch auch noch darüber auf, was es mit der sogenannten „Türklinken-Meditation“ auf sich hat: „Auch unsere Beschäftigten sind mitunter in Eile, von Aufgaben gedrängt. Mein Rat an sie ist, renne nicht gleich los. Bevor du das Zimmer eines Bewohners betritts, nimm dir Zeit für drei tiefe, bewusste Atemzüge vor der Tür. Das gibt Kraft und Ruhe für die nächste Aufgabe.“ Diese kurzen Ruhephasen in seinen Alltag einzubauen um Selbstfürsorge zu praktizieren, empfahl er auch den Zuhörern, die anschließend noch zahlreiche Fragen an den Mönch hatten, die er ebenfalls in großer Offenheit beantwortete.
Und wenn Sie einmal dem freundlichen Mönch begegnen, fragen Sie ihn einfach, was Sie bewegt. Er ist ein aufmerksamer, fröhlicher und mit beiden Beinen im Leben stehender Mensch.