Gänsehaut pur – Saarower Kirchenglocken hatten ihren perfekten Einsatz beim Kurkonzert

Trio "Scho" öffnete mit Liedern aus seiner ukrainischen Heimat und internationalen Titeln einen Blick in die slawische Seele
Alexander Franz am Kontrabass
Vereinsmitglied Waltraut Tuchen begrüßte das Trio
Valery Khoryshman spielt im Trio Akkordeon.
Gennadi Desjatnik, der Mann an Violine und Gitarre. Er sang und führte auch durch das Programm.
Die Zuschauer sparten nicht mit Beifall für das abwechslungsreiche Programm.
Gennadi Desjatnik mit Hut bei seinem musikalischen Ausflug ins Berlin der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts
Den Kontakt zum Publikum suchte der Gitarrist Gennadi Desjatnik auch mit einigen gelungenen  artistischen Einlagen.

Man hätte einen super Einfall der Regie vermuten können, aber es war der pure Zufall. Gennadi Desjatnik, der Sänger des Trios „Scho“, wollte gerade den vorletzten Titel ihres Programms beginnen zu singen, da setzte das 18-Uhr-Läuten der Saarower Kirche ein. Desjatnik reagierte prompt und stimmte stattdessen das Lied „Wetschernij Swon“ (Abendglocken) an, was mit seinem wunderbaren, emotional anrührenden Klang und der Punktgenauigkeit des Sängers kurzzeitig für Gänsehaut pur unter den Zuhörern des Kurkonzertes sorgte.

Die Gäste wurden auch in dem insgesamt anderthalbstündigen Programm des Trios „Scho“ von der Vielseitigkeit der drei Musiker überrascht. Waren im Vorfeld vorwiegend Lieder aus deren  Heimat – Valerij Khorisman (Akkordeon) und Gennadi Desjatnik (Gitarre, Violine) aus der Ukraine und Alexander Franz (Kontrabass) aus Russland – angekündigt, so zeigte das Trio doch, dass sie von Paris über Berlin bis Moskau musikalisch bestens bewandert sind. Die Drei sind allerdings auch schon Anfang bis Mitte der 90er Jahre nach Berlin zu Freunden gekommen, hatten hier begonnen ihre Musik bekannt zu machen und sind geblieben. Heute fühlen sie sich trotz ihrer Wurzeln auch als Berliner, wie Gennadij bestätigte. In ihrer Zeit in Deutschland haben sie in der Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ von Dominik Graf als Band mitgespielt, waren in Talkshows des legendären Christoph Schlingensief musikalische Begleitung und sind gegenwärtig auch mit dem Sänger und Schauspieler Karsten Troyke musikalisch verbandelt, der sich vor allem mit jiddischen Liedern einen Namen gemacht hat.

Bei ihrem Auftritt in Bad Saarow erklärten sie auch ihren Bandnamen „Scho“. Das heißt auf Ukrainisch „Wie bitte?“, auf Russisch „Sto?“ und auf Berlinerisch, so meinte Gennadi verschmitzt, meist „Wat?“ oder „Häh?“ In ihrem Programm erwiesen sie in einigen Titeln ihrer ursprünglichen Heimat die Ehre. Aber auch die französische Sprache spielt in ihren Musikstücken eine auffällig große Rolle,  weil sie auch eine bemerkenswerte Affinität zu Frankreich haben, was sie zum Beispiel mit dem weltbekannten Titel von Gilbert Becaud „Nathalie“ bewiesen.

Da über ihrem Konzert der Titel „Transit“ stand – ein Thema von Abschied bis Heimkehr -, waren ihre Lieder auch dementsprechend geprägt von berührender Melancholie wie bei „Mama Odessa“ oder „Willkommen in Poltawa“, ihrer ukrainischen Heimatstadt. Alles, was für sie ein Stück Heimat war oder ist, findet in ihrer auch selbst komponierten Musik ihren Ausdruck. So zum Beispiel in „Unser Restaurant“, gewidmet der legendären Gaststätte „Voland“ in Berlin-Prenzlauer Berg, wo es die besten osteuropäischen Gerichte gab. Leider gab, denn es musste nach 30 Jahren schließen.

Das Trio „Scho“ zu hören, das heißt sich einzulassen auf einen bunten Mix osteuropäischer traditioneller Lieder, international bekannter Titel wie zum Beispiel auch das weltbekannte „Puttin` on the Ritz“ oder Friedrich Holländers „Stroganoff“, dessen superschnelle Abfolge von Begriffen durch Gennadi Desjatnik meisterhaft gesungen und schauspielernd untermalt wurde.

Die drei „Scho“-Musiker brachten eine ganz neue, wieder andere Klangfarbe in die Reihe der Kurkonzerte, was die Zuhörer mit großem Beifall honorierten.