
Erstmals gibt es ein Buch über Kunst im öffentlichen Raum in Bad Saarow. Herausgegeben haben die 70-seitige bebilderte Hochglanz-Broschüre Steffi und Frank Berthold – in privater Initiative. Nach zweijähriger Arbeit war es soweit: Am 21. Oktober wurde die „gedruckte Kunst“ im Scharwenka Kulturforum von den Machern präsentiert. Die Resonanz war riesig, rund 70 Interessierte waren gekommen, alle Plätze im Konzertsaal waren besetzt. Darunter auch eine große Gruppe des Rotary Clubs Bad Saarow-Scharmützelsee, der verschiedene Kunstprojekte am Wiesenweg gesponsert hat, unter anderem die Holzskulptur „Die Fäuste fliegen“ mit dem berühmten Boxer Max Schmeling und Kunst zur Erinnerung an die Moorhexe. Steffi Berthold sagte zu Begrüßung, es sei höchste Zeit gewesen für diese Publikation, denn immer mehr Zeitzeugen, insbesondere auch die Künstler, lebten nicht mehr.

Das Zepter am Premiere-Abend übernahm mit einem anschaulichen, kurzweiligen Vortrag der in Fürstenwalde lebende Diplom-Kulturwissenschaftler Frank Drömert, der bereits Zusammenfassungen zur öffentlichen Kunst in Fürstenwalde und Frankfurt (Oder) publiziert hat. Drömert gilt auch bei der Saarower Ausgabe als der Ideengeber, der gemeinsam mit seinem Projektteam, zu dem neben Steffi Berthold die ebenfalls in Bad Saarow lebende Kunsthistorikerin Ute Mohrmann, die Illustratorin Gertrud Zucker und der Fotograf Andreas Labes gehörten.


Knapp 40 Kunstwerke enthält die Broschüre, die schönen Fotos sind gut beschrieben, der Leser erhält Informationen zum Inhalt des Werkes, dessen Entstehung und zum Künstler. Das Buch ist in „drei Spaziergänge“ eingeteilt und lädt dazu ein, die Kunstwerke der Reihe nach zu besuchen: „Vom Bahnhof zur Kirche“ beginnt an dem wohl bekanntesten Saarower Kunstobjekt, der bronzenen Figurengruppe „Lebensfreude“ vor dem Bahnhof, führt über die „Stolpersteine“ zur Erinnerung an die Ermordung Saarower Juden, quert die Kolonnaden mit der Bronze-Figur „The Sufi“ und den Prosabroschen und endet an der Kirche. Der Rundgang „Vom nördlichen Seeufer bis zum Waldfriedhof“ beginnt mit dem bekannten Johannes R.-Becher-Denkmal, geschaffen von dem bedeutendsten Bildhauer der DDR, Fritz Cremer, geht vorbei an dem lustigen „Neptun“ an der Seepromenade und dem Spielplatz, der an den einstigen Kohleabbau erinnert. Ganz in der Nähe befindet sich das „Seezeichen“, das „Windspiel“ auf dem Erich-Weinert-Platz, die Stahl-Tafeln mit den Sprüchen von Fontane im Fontane-Park sowie verschiedene Grabmale auf dem Waldfriedhof.
„Vom Kurpark nach Pieskow“ verläuft der dritte Spaziergang, vorbei an den Kunstwerken, die an die Moorhexe erinnern bis zum Steinbachbrunnen. An Maxim Gorki erinnern eine Büste am Karl-Marx-Damm und die Keramikarbeiten auf dem Schulhof, man flankiert das Herrmann-Paschke-Relief am Platz am Stein und kann die märchenhaften Malereien von Gertrud Zucker und Christa Dittmann an der Kita Abenteuerland bestaunen und zählen, wie viele Märchen sich in den Wandmalerein wiederfinden. Sechs, acht oder gar neun? Lobende Worte fand Frank Drömert für die originelle Idee der wandernden Fotogalerie vor den Wohnhäusern der Neues Wohnen e.G. in der Pieskower Straße. Die Kuratorin der Ausstellung, Susanne Jakubzik, schreibt dazu: „Meine Idee war es, Kunst niederschwellig für alle zugänglich zu machen anstatt sie nur einer elitären Gruppe vorzuhalten.“
Das ist im Grunde Aufgabe von Kunst im öffentlichen Raum – jeder kann sie sehen, sich mit ihr anfreunden oder auch nicht.

Und dass Kunstwerke auch viel zu erzählen haben, bewies sich an jenem Abend mit dem „Steinbachbrunnen“, der sich an der Ecke Karl-Marx-Damm 9 befindet und an den Ingenieur Julius Steinbach erinnert. Er war Inhaber einer Tiefbaufirma und erhielt den Auftrag, in den Jahren 1910-1912 die Bahntrasse von Fürstenwalde nach Beeskow über Bad Saarow zu bauen. Steinbach war von Bad Saarow so begeistert, dass er sich 1926 am Kronprinzendamm 9 eine Villa bauen ließ – mit Brunnen. Dem Zeitgeist entsprechend waren in dem Sandstein die Porträts von Friedrich dem Großen, Kaiser Wilhelm II. und Otto von Bismarck dargestellt. Zu DDR-Zeiten war das Denkmal verwahrlost, nach der Wende veranlasste die Enkelin Steinbachs, Doris Klein, die Restaurierung des Brunnens und beauftragte Christa Dittmann mit der bildkünstlerischen Gestaltung, so wie sie noch heute zu sehen ist.

Der Zufall wollte es, dass sich der Urenkel von Julius Steinbach, Rainer Klein (66), gerade in Bad Saarow aufhielt, um sich um seine Immobilie zu kümmern und zur Buch-Premiere erschien. „Ein toller Abend“, fand der Krefelder. Er war hoch erfreut über die Würdigung seiner Familie und die Aufnahme des „Steinbachbrunnens“ in dem kleinen Kunstband.

In ihrem Geleitwort richten Steffi und Frank Berthold auch freundliche Worte an „unsere Gemeindevertreter und die Mitarbeiter des Amtes Scharmützelsee“. Sie beide hätten sich gefreut, dass bereits erste Restaurierungen öffentlicher Kunstwerke veranlasst worden seien und meinen: „Weiter so, es ist noch Einiges zu tun.“
100 Exemplare der Kunst-Broschüre sind gedruckt, zu kaufen gibt es sie nicht. Aber die Bad Saarower Bibliothek hat zwei Exemplare zur Ausleihe erhalten.